Wer entscheidet – Arzt oder Physiotherapeut?
Der 7. Interprofessionelle Gesundheitskongress von Springer Pflege und Springer Medizin beginnt kommende Woche in Dresden | Neues Modul Physiotherapie | Gretchenfrage: Blankoverordnung oder Direktzugang?
Dresden | Berlin, 29. März 2019
Wie viel Autonomie bekommen Physiotherapeuten? Können sie demnächst ohne ärztliche Vorgaben über die Therapie entscheiden? Ein Modellvorhaben der Krankenkasse BIG gesund direkt und des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten (IFK) zeigt: „Egal, ob der Arzt die Therapie vorgibt oder ob der Physiotherapeut eigenständig entscheidet: Die Behandlungsqualität ist vergleichbar hoch bei etwa gleichen Kosten“, berichtet Dr. Andrea Mischker, stellvertretende Leiterin Geschäftsbereich Landesverband Berlin der BIG direkt gesund. Somit sei es unerheblich, wer die Verordnung zur Physiotherapie ausstellt, so Mischker. Wie viel Verantwortung Physiotherapeuten im Gesundheitswesen bekommen sollten, das wird auf dem 7. Interprofessionellen Gesundheitskongress diskutiert, und zwar im Programmteil „Physiotherapie im Umbruch“, organisiert von der Dresden International University. Der 7. Interprofessionelle Gesundheitskongress von Springer Pflege und Springer Medizin beginnt kommende Woche in Dresden und richtet sich an alle Gesundheitsberufe, um die Zusammenarbeit im interprofessionellen Team zu stärken.
Weiteres Ergebnis des sechsjährigen Modellversuchs: „Die autonome Entscheidung durch die Physiotherapeuten führte zu einer kürzeren Behandlungsdauer und höheren Compliance bei den Patienten“, so Dr. Mischker weiter. Von Juni 2011 bis September 2017 wurden 630 Patienten in 40 Physiotherapie-Praxen in Westfalen-Lippe oder Berlin behandelt. Die Patienten litten meistens an Beschwerden der Wirbelsäule. In der Kontrollgruppe hat der Arzt die Verordnung ausgestellt, in der Modellgruppe wurde der Inhalt der Verordnung verblindet, sodass der Physiotherapeut über Art, Dauer und Frequenz der Therapie selbst entscheiden durfte. „Die Studie hat gezeigt, dass Physiotherapeuten bereits heute in der Lage sind, selbstständig zu behandeln“, so Mischker.
Gesundheitspolitisch verfolgen die BIG gesund direkt und der IFK das Ziel eines Direktzugangs: Patienten können ohne ärztliche Diagnose und Verordnung direkt einen Physiotherapeuten aufsuchen. Die Alternative heißt Blankoverordnung: Dabei ist der Arztbesuch nach wie vor verpflichtend, der Physiotherapeut kann aber über die Therapie bestimmen. „Im Gegensatz zur Blankoverordnung ist der Direktzugang in internationalen Studien gut evaluiert“, betont Dr. Mischker. „Neben guten Behandlungsergebnissen verringerten sich die Wartezeiten und es werden ärztliche Leistungen eingespart.“ Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz ist nun allerdings die flächendeckende Einführung der Blankoverordnung beschlossen worden. „Damit werden wieder keine arztentlastenden Strukturen geschaffen, wie sie bereits der Sachverständigenrat Gesundheit in seinem Gutachten 2007 gefordert hat“, bemängelt Mischker.
Der Interprofessionelle Gesundheitskongress fördert den Austausch zwischen den Gesundheitsberufen. Etwa 800 Ärzte, Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten, Logopäden, Medizinische Fachanstellte, Hebammen sowie im Notfall- und Rettungsbereich Tätige werden über Akademisierung, mehr Therapiefreiheit und interprofessionelle Kommunikation am 5. und 6. April in Dresden diskutieren. Schirmherrin des Kongresses ist die Sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Barbara Klepsch. Mehr Infos zum Kongress unter "Weitere Informationen" oder folgen Sie #IntGeko2019.
Kongressorganisation und Anmeldung: Andrea Tauchert | Springer Medizin Verlag GmbH | tel +49 30 82787-5510
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