Die AfD: Resultat einer zunehmend unpolitischeren Demokratie?
Aufstieg und Repräsentanz einer rechten populistischen Partei in Deutschland
Wiesbaden, 05. März 2015
Dem Einzug in drei ostdeutsche Landtage folgte der Sprung in den Westen. „Dann schaffen wir es überall“ – so interpretierte AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse das Ergebnis der Hamburger Landtagswahlen. „Mut zur Wahrheit“ – so lautet das Motto seiner Partei. David Bebnowski nimmt die AfD beim Wort: „Spätestens nach den Wahlerfolgen in Ostdeutschland ist eindeutig: so wie mit anderen populistischen Neugründungen zuvor verhält es sich hier nicht.“ Viele hatten der Partei eine kurze Halbwertszeit beschieden. Inzwischen aber existiert sie zwei Jahre und sitzt fest im Europaparlament. Für den Politikwissenschaftler ist es Zeit für eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, um die AfD im politischen Spektrum der Bundesrepublik zu verorten. In seinem bei Springer VS erschienenen Band Die Alternative für Deutschland zeichnet Bebnowski die Entwicklung der Partei nach und beleuchtet den Einfluss prägender Persönlichkeiten wie Bernd Lucke, Hans-Olaf Henkel oder Beatrix von Storch auf diesen Prozess. Im Vordergrund des Titels aus der Buchreihe Springer essentials stehen drei Aspekte: die Ideologie, die Entstehungsgeschichte sowie die Gründe für den Erfolg der Partei.
„Bisher wurden ‚rechte‘ Einstellungsmuster in der Bevölkerung von den tatsächlichen Wahlentscheidungen kaum abgebildet“, benennt David Bebnowski einen der Gründe für den Erfolg der AfD. Dabei hätten Forscher seit Jahren auf Grundlage unterschiedlicher Langzeitstudien davor gewarnt, dass die Zustimmung zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ oder „geschlossen rechtsextremen Weltbildern“ auch in der Bevölkerungsmitte auf einem hohen Niveau liege und sogar zunehme. Ob die AfD für andere Verhältnisse sorge, könne zwar nicht eindeutig beantwortet werden. Zumindest aber ist nach Ansicht von Bebnowski unstrittig, dass die Partei nicht nur rechte Standpunkte vertritt, sondern auch Personen mit einer rechtspopulistischen Vita in die Parlamente überträgt: „Eine Durchsicht der bisherigen Literatur über die Partei, die Äußerungen führender Politiker, die Überläufer aus anderen rechten Parteien und die unverhohlene Nähe zur rechten Publizistik lassen kaum einen anderen Schluss zu, als die AfD deutlich rechts von CDU und FDP zu verorten.“
Ganz anders als kurz nach der Parteigründung 2013 bekennen sich mittlerweile auch AfD-Politiker zu dieser Positionierung, so Bebnowski weiter: „Hans-Olaf Henkel zum Beispiel hat in der Jungen Freiheit offen die Zielrichtung der AfD angesprochen: Sie soll sich rechts der Unionsparteien etablieren.“ Die Frage sei, wie sich diese Verortung mit dem liberal-konservativen Selbstbild der Partei verträgt. Die Partei jedoch auf diesen Richtungsstreit zu verengen, ist nach Meinung des Autors so oder so falsch: „Diese Bruchstücke sorgen für ein Amalgam, das unter anderem als Wettbewerbspopulismus Chiffren zur populistischen Ansprache des rechten Rands der Politik bereitstellt.“ Auch die Frage, warum die AfD erst 2013 entstanden ist, obwohl der Ruf nach rechtspopulistischen Kräften auch auf bundespolitischer Ebene schon weitaus länger zu vernehmen war, stellt sich Bebnowski. Aus dem Nichts sei die Partei nicht entstanden: „Schon seit Anfang der 1990er Jahre versuchten Politiker, Bündnisse und mit ihnen verbundene Think-Tanks an politischem Einfluss zu gewinnen.“ Nachdem mit dem Bund freier Bürger ein programmatischer Vorläufer scheiterte, nutzte die AfD ein Gelegenheitsfenster, so das Fazit des Autors: „Die Antwort liegt in der Kombination eines populistischen Zeitgeists und eines Moments, der sich infolge innenpolitischer Entwicklungen, der Finanzkrise ab 2009 und der besonderen wirtschaftlichen Situation Deutschlands einstellte.“ Die AfD könne demnach als Resultat einer zunehmend unpolitischeren Demokratie eingestuft werden, weswegen auch in Zukunft mit ihr zu rechnen sei.
David Bebnowski ist Sozialwissenschaftler am Institut für Demokratieforschung und beschäftigt sich seit 2011 mit der AfD und ihren Vorläufern. Er ist zudem Redaktionsmitglied der INDES – Zeitschrift für Politik und Gesellschaft.
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David Bebnowski
Die Alternative für Deutschland
Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei
2015, 53 S.
Softcover € 9,99 (D) | € 10,27 (A) | sFr 12.50 (CH)
ISBN 978-3-658-08285-7
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des Buchs Die Alternative für Deutschland von Springer VS | © Springer
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