Digital Natives: Politisch aktiv durch Online-Medien?
Der hohe Grad an Onlinenutzung geht bei Jugendlichen nicht immer mit Medienkompetenz und politischem Engagement einher | Neue Studie über das Informationsverhalten von Digital Natives bei Springer VS erschienen
Wiesbaden, 15. September 2014
Im Zuge der Enthüllungen von Datenspionage- und Abhörskandalen nehmen technik-kritische Stimmen in Bezug auf das Internet und seine Glaubwürdigkeit zu. Daher ist nach Meinung von Ulrike Wagner mehr denn je die Frage zu stellen: Wie informieren sich Jugendliche, und wie schöpfen sie die durch das Web entstehenden Potenziale für politische und gesellschaftliche Partizipation aus? Der hohe Grad an Online-Nachrichtenkonsum gehe nicht immer mit Medienkompetenz einher, warnt die Expertin im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals. Im gerade bei Springer VS erschienenen Buch Jugendliche und die Aneignung politischer Information in Online-Medien präzisiert Wagner gemeinsam mit Christa Gebel das Verhältnis zwischen dem Informationsverhalten von Jugendlichen, den Anforderungen an medienkompetentes Handeln und gesellschaftlichem Engagement. Ihr Fazit: „Parteien und Politiker spielen eine untergeordnete Rolle, gleichzeitig aber stellen einfache Online-Beteiligungsmöglichkeiten einen Einstieg in Partizipation dar.“
Medial vermittelte Information und gesellschaftliches Engagement sind seit jeher eng miteinander verknüpft, weiß Ulrike Wagner. Mit dem Internet sei nicht nur die Menge an ungefilterten Informationen größer geworden, sondern auch das Spektrum an Handlungsmöglichkeiten, das sich vom Abrufen und Kommentieren aktueller Nachrichten über das Weiterleiten von Meldungen bis zum Demoaufruf via Facebook-Posting erstrecke. Dies gelte gerade für die 12- bis 19-Jährigen, die zu jeder Zeit und an jedem Ort online sind, wie der quantitative Teil der dem Buch zugrunde liegenden Studie bestätigt. Den Begriff der Digital Natives allerdings sieht die Autorin kritisch: „Jederzeit online zu sein heißt noch nicht, auch immer kompetent mit den Anwendungen umgehen zu können.“ So hätte sich gezeigt, dass Jugendliche gerade im Umgang mit politischer Information erst noch lernen müssten, Informationen und Quellen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Relevanz einschätzen zu können: „Diese Fähigkeit entsteht nicht von allein durch den Gebrauch digitaler Technik.“
Im qualitativen Teil ihrer empirischen Befragung lag der Schwerpunkt daher darauf, die Übergänge zwischen informations- und beteiligungsbezogenem Medienhandeln zu differenzieren und in ihrer Bedeutung für aktive Partizipation abzuschätzen. An politischen und gesellschaftlichen Themen zeigen junge Menschen dann ein hohes Interesse, wenn diese ihre eigene Lebenswelt tangieren, fasst Wagner zusammen. Neben Freundschaften und sozialen Beziehungen sowie jugendkulturellen Themen wie Musik oder Stars zeigten sich auch Fragen der Berufsfindung und -orientierung oder Themen aus dem lokalen Umfeld als relevant. In Bezug auf die Politik hingegen komme es auf die Definition an. So spielten Parteien und Politiker zwar eine untergeordnete Rolle, bei einem breiter gefassten Politikbegriff aber ergebe sich ein anderes Bild: „Jugendliche interessieren sich für die Themen Kinder-, Jugend- und Menschenrechte, Krieg und Frieden, Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie soziale Gerechtigkeit.“ Aktives Engagement sei dabei wie in der physischen Welt lebensweltlich verankert, werde aber online durch einfache Beteiligungsmöglichkeiten wie Abstimmungen und Diskussionsteilnahmen erleichtert: „Niedrigschwellige Online-Aktivitäten können also durchaus Engagement und Beteiligung forcieren.“ Darüber hinaus seien Jugendliche kritisch und hätten klare Kriterien für gute Beteiligungsangebote: „Sie wollen ernst genommen werden, ihnen ist Resonanz auf ihre Meinungsäußerung – zum Beispiel in Form von Postings – wichtig, und sie wollen wissen, was mit ihren Aussagen und Aktivitäten passiert.“
In ihrer Studie fassen Wagner und Gebel die Ergebnisse des Projekts Rezeption und Produktion von Information durch Jugendliche in der konvergenten Medienwelt zusammen, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Schwerpunktprogramms Mediatisierte Welten von 2010 bis 2012 gefördert wurde.
Dr. Ulrike Wagner ist Direktorin des JFF – Institut für Medienpädagogik in München. Christa Gebel, Dipl.-Psych., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am JFF.
Ulrike Wagner | Christa Gebel
Jugendliche und die Aneignung politischer Information in Online-Medien
2014, 207 S.
Softcover € 39,99 (D) | € 41,11 (A) | sFr 50,00 (CH)
ISBN 978-3-658-04200-4
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des neuen Fachbuchs Jugendliche und die Aneignung politischer Information in Online-Medien von Springer VS | © Springer
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