Zeitungsjournalismus: Totgesagte leben länger
Trotz wirtschaftlicher Krise glauben Journalisten an das Medium Tageszeitung und sind bereit für die digitale Transformation | Studie bei Springer VS erschienen
Wiesbaden, 20. Januar 2015
Financial Times Deutschland, Frankfurter Rundschau und die FAZ – immer mehr Tageszeitungen geraten in wirtschaftliche Schieflagen. „Doch die Redaktionen liegen nicht am Boden – sie suchen ihr Glück in neuen Strategien im Online-Geschäft“, sagt Leif Kramp im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals. Die meisten Journalisten sorgten sich nicht um das Medium Tageszeitung, sondern glauben an eine positive Zukunft. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Befragung deutscher Tageszeitungsredaktionen, mit der der Medienforscher gemeinsam mit Stephan Weichert und Martin Welker die berufsbezogenen Denkweisen von Journalisten untersucht hat. Die von dem Marktforschungsinstitut YouGov Deutschland AG durchgeführte Analyse gibt Aufschluss über Arbeitszufriedenheit, soziale Verantwortung und Wertvorstellungen in den Zeitungshäusern und ist jetzt bei Springer VS unter dem Titel Die Zeitungsmacher als Buch erschienen.
„Die wichtigsten Voraussetzungen der Zeitungsverlage für den gelungenen Aufbruch in die digitale Moderne sind für Weichert, Kramp und Welker die grundsätzliche Innovationsbereitschaft und der Wille zur Veränderung. Beides sei der nun vorliegenden Studie zufolge in den meisten Medienhäusern gegeben. „So unsicher und angespannt das Geschäft mit Zeitungen und Zeitschriften derzeit auch erscheinen mag: Die Stimmung in den Redaktionen ist überwiegend ausgeglichen“, fasst Leif Kramp im Interview zusammen. Die Befragten kennzeichne ein fester Glaube in die Relevanz des Journalistenberufs und seiner gesellschaftlichen Kontroll- und Kritikfunktion. Das sei insofern ein überraschendes Ergebnis, da angesichts zunehmender redaktioneller Schließungen, Zusammenlegungen und Entlassungswellen eher Krisenstimmung unter den Journalisten zu vermuten war.
Für die Zukunft ist nach Meinung der Autoren eine stärkere Einbindung der Redaktionen bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten wichtig: „Viele unserer Befragten lassen sich als Innovatoren beschreiben, die mit ihrer Erfahrung in den unternehmensrelevanten Entscheidungsprozessen ihren Beitrag leisten möchten, um für journalistische Inhalte neue Erlösoptionen zu erschließen.“ Den aktuellen Studienergebnissen folgend empfehlen Weichert, Kramp und Welker vor allem ein systematisches Innovationsmanagement, das die Erprobung neuer praxistauglicher Konzepte fördert. Dazu gehöre zum einen die Verbesserung der redaktionellen Verzahnung von Print und Online in enger Zusammenarbeit mit Entwicklern und Vermarktern. Zum anderen sollten die Redaktionen noch stärker in die Verantwortung genommen werden, wenn es um die konkrete Ausgestaltung publizistischer wie unternehmerischer Innovationsstrategien geht. Voraussetzungen dafür seien, dass sich die Redaktionen zwingend als lernende Organisationen begreifen und regelmäßig von Weiterbildungsangeboten Gebrauch machen. Nur auf diese Weise werde die digitale Transformation der Verlage letztendlich gelingen.
Dr. phil. Stephan Weichert ist Professor für Journalismus und Kommunikationswissenschaft an der Macromedia Hochschule, University of Applied Sciences in Hamburg und wissenschaftlicher Studiengangleiter an der Hamburg Media School.
Dr. Leif Kramp ist Kommunikations- und Medienwissenschaftler sowie Historiker und arbeitet als Forschungskoordinator am Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen.
PD Dr. Martin Welker ist Vertretungsprofessor für Kommunikations- und Medienwissenschaften an der Technischen Universität Braunschweig.
Stephan A. Weichert | Leif Kramp | Martin Welker
Die Zeitungsmacher
Aufbruch in die digitale Moderne
2015, 239 S.
Softcover € 34,99 (D) | € 35,97 (A) | sFr 44.00 (CH)
ISBN 978-3-658-02103-0
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des neuen Buchs Die Zeitungsmacher von Springer VS | © Springer
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