Energiewende – Quo vadis?
Warum Deutschland in Sachen nachhaltiger Energieversorgung (noch) nicht Weltmeister und Vorbild für alle ist
Wiesbaden, 21. Januar 2016
An Tagen, an denen der Wind weht und die Sonne scheint, werden in Deutschland heute fast 80 Prozent des Stromverbrauchs aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt. Deutschland also als Weltmeister und Vorbild für alle? „Jeder, der sich an die politischen Kämpfe, gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und an die Irr- und Umwege beim Atomausstieg und bei der Energiewende erinnert, wird diese Frage verneinen“, schreibt Franz Joos in seinem Kommentar für das Wissensportal Springer Professional. Auch die Probleme der Gegenwart zeigen nach Meinung des Professors für Energietechnik, dass die Energiewende kein friktionslos abgeschlossener Erfolgsprozess ist. Vielmehr bleibe die Realisierung auch in Zukunft eine gesellschaftliche Herausforderung. Im von Joos gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg herausgegebenen Springer Vieweg-Sammelband Energiewende – Quo vadis? diskutieren Experten die ursprünglichen Ziele der Energiewende interdisziplinär unter verschiedenen Aspekten und helfen, eine gesamtheitliche Perspektive aufzuzeigen.
„Wir realisieren heute eine Stromversorgung mit einem Anteil regenerativer Energien, wie man es vor weniger als einem Jahrzehnt für technisch und ökonomisch unmöglich gehalten hat“, kommentiert Franz Joos im Vorwort des Buches die zunächst positive Entwicklung. So stammten bereits 2013 mehr als 25 Prozent des Stroms aus nachhaltig genutzten Energien und damit primär aus Windenenergie, Solarstrahlung, Wasserkraft und Biomasse. „Das ursprüngliche Ziel der Energiewende, eine nachhaltige, von fossilen und nuklearen Energieträgern unabhängige Energieversorgung bei einer starken Reduktion der Treibhausgasemission aber scheint im Eifer des Tagesgeschäftes aus den Augen verloren gegangen zu sein“, kritisiert der Herausgeber auf der anderen Seite. So werde die anfängliche breite Akzeptanz der Energiewende im Angesicht von Kostenveränderungen, sichtbar werdenden Zwängen des Baus von neuen Stromtrassen zwischen Nord- und Süddeutschland, schnell regelbaren Kraftwerken sowie verbesserten Speichern mittlerweile kritisch hinterfragt.
„Es wird zu Recht gefordert, dass die Energieversorgung klimaschonend, ressourcenschonend, sicher, finanzierbar und wettbewerbsfähig sowie sozial verträglich sein muss“, so Joos weiter. Diesem Bündel von Forderungen stünden ernst zu nehmende Hindernisse entgegen – beispielsweise der einschneidende Umbau des Elektrizitätsversorgungssystems mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Im Kontext dieses emotional und kontrovers diskutierten Spannungsfeldes müsse man sich daher immer wieder die Frage stellen: „Wo stehen wir jetzt und mit welchem Entwicklungspfad lassen sich die gesetzten Ziele effizienter erreichen?“ Im Buch werden technische Optionen der elektrischen Energieversorgung sowohl in der Bereitstellung stabiler Verteilernetze und in der Stromerzeugung aus Wind und Sonne dargestellt als auch in der Bereitstellung von Regelenergie durch konventionelle Energieerzeuger. Allerdings sei die Energiewende weit mehr als eine technische Herausforderung. Sie berühre auch Fragen des Lebensstils des Menschen sowie des verantwortungsvollen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen. Welche ethischen Fragen sich stellen, wird ebenfalls in den Beiträgen aufgezeigt. Die Versorgung Deutschlands mit konventionellen Energieträgern – insbesondere Öl und Gas – sei darüber hinaus in hohem Maße von politischer Stabilität und offenem Welthandel abhängig. Die möglicherweise gravierenden Folgen von kurzfristigen, politisch motivierten Einschränkungen oder Unterbrechungen der Versorgung aus dem Ausland werden im Buch daher genauso angesprochen wie die potenziellen Folgen einer strukturellen Abhängigkeit von einzelnen Staaten. Und auch die vermehrt in den Fokus kommenden rechtswissenschaftlichen Fragestellungen des technologischen Wandels werden thematisiert, so der Herausgeber abschließend: „Ein Beitrag im Buch widmet sich auch Technologien, die die Gefährdung der Gesundheit oder der Umwelt als unerwünschte Nebeneffekte in Kauf nehmen – in dieser Hinsicht ist das Recht der Technologien zum ‚Risikorecht‘ geworden.“
Professor Dr.-Ing. Franz Joos leitet das Fachgebiet Energietechnik an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg und ist Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und Sprecher der Arbeitsgruppe „Energie und Ressourcen“.
Franz Joos (Hrsg.)
Energiewende – Quo vadis?
Beiträge zur Energieversorgung
2016, 150 S.
Hardcover € 34,99 (D) | € 35,97 (A) | sFr 36.00 (CH)
ISBN 978-3-658-11798-6
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des neuen Buchs Energiewende – Quo vadis? von Springer Vieweg | © Springer
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