Quo vadis, Zeitungsbranche?
Warum in Zeiten der Medienkonvergenz der Königsweg für Zeitungen im Lokalen liegen kann und wie Paid Content-Geschäftsmodelle funktionieren
Wiesbaden, 11. Februar 2015
Axel Springer hat sich 2013 von seinen Regionalzeitungen getrennt. Mit der Neuen Zürcher Zeitung macht eine der traditionsreichsten Tageszeitungen im deutschsprachigen Raum jetzt das Gegenteil und investiert in neue lokale Angebote. Der im Januar gestartete digitale NZZ-Ableger in Österreich gilt als Testballon für eine Expansion nach Deutschland. Liegt der Königsweg für Zeitungen also im Lokalen oder nicht? Letztendlich ist das eine Frage der Positionierung im intermedialen Wettbewerb, sagt Thomas Breyer-Mayländer im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals: „Zeitungen sind dort stark, wo es keinen Wettbewerber aus anderen Mediengattungen gibt – für viele Unternehmen sind das lokale Themen.“ Interessant an NZZ.at aber sei nicht allein die Lokalisierung, sondern auch die reine Fokussierung auf Online und die hohe Bezahlschranke. Welche Chancen und Risiken dieses und andere Geschäftsmodelle in Zeiten des Strukturwandels in der Zeitungsbranche haben, zeigt der Herausgeber gemeinsam mit Fachautoren aus Wissenschaft und Praxis im gerade bei Springer Gabler erschienenen Buch Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus.
„Eine harte Paywall wie die 14 Euro pro Monat bei NZZ.at geht nur bei extrem starken Marken“, ist sich Thomas Breyer-Mayländer sicher. Die Schwelle, ein Online-Angebot zu diesem Preis zu beziehen, sei sehr hoch. Denn der Kunde fürchte stets – gerade bei überregionalen Nachrichten – dass diese an anderer Stelle kostenlos sind. Weniger bekannte Marken sollten nach Meinung des Medienexperten daher darauf achten, dass die Bezahlschranke niedriger liegt: „Der Freemium-Ansatz, bei dem nur spezifische Inhalte kostenpflichtig sind, oder Metered Access, wo die ersten Artikel kostenfrei sind, sind weitere Paid Content-Modelle.“ Trend-Strategien wie honorarfrei erstellte Blogger-Artikel einerseits und Schwarmfinanzierung andererseits hingegen seien auf Nischen begrenzt und damit keine Alternative zur schwer zu etablierenden Bezahlschranke: „Im Gegensatz zur Huffington Post ist in regionalen und lokalen Märkten eher eine Professionalisierung des Journalismus wünschenswert, damit man ‚das Geld auch Wert ist‘.“ So habe selbst das nationale Prestigeobjekt Krautreporter die Tücken des Crowdfundings erleben müssen – zum Beispiel, dass der finanzielle Rahmen im Vorfeld gesteckt wird.
Auch die vielfach propagierte Vernetzung von Print, Web und Mobile als Erfolgsrezept ist nicht zwingend notwendig für ein tragfähiges Geschäftsmodell, erklärt Breyer-Mayländer weiter: „Bei Crossmedia muss man trennen, welche Zielgruppe sich damit beschäftigt – im Nutzermarkt gibt es beispielsweise wenige Überschneidungen zwischen Print- und Online-Produkten.“ Erst bei ergänzenden mobilen Angeboten gebe es Überschneidungen und damit das Bedürfnis, die Produkte über verschiedene Medienkanäle aufeinander abzustimmen. Dass es sich bei NZZ.at um ein reines Online-Produkt handelt, ist für den Herausgeber daher nicht ungewöhnlich. Zwar werde die crossmediale Durchgängigkeit von Kampagnen im Werbemarkt immer wieder beschworen, tatsächlich aber sei das in vielen Bereichen noch Zukunftsmusik: „Gehen wir in den regionalen oder gar lokalen Markt, leben nur wenige Kunden heute schon Crossmedia.“ Für Breyer-Mayländer ist das eine Frage der Kompetenz- und Marktentwicklung in den nächsten Jahren.
Die Beiträge im Buch zeigen, wie die Wandlung vom Zeitungsverlag zum crossmedialen Dienstleister der Region funktioniert. Sowohl dem Forschenden als auch dem Praktiker wird der Einstieg in die aktuelle Diskussion erleichtert, fasst Breyer-Mayländer zusammen: „Das Buch liefert eine Momentaufnahme der Umbruchsituation im deutschen Zeitungssektor, die sich vom Nischenthema der Fachmedien zum allgemeinen Thema der Wirtschaftsberichterstattung gewandelt hat.“
Thomas Breyer-Mayländer (Hrsg.)
Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus
Geschäftsmodelle in Zeiten der Medienkonvergenz
2015, 250 S., 33 Abb.
Softcover € 29,99 (D) | € 30,83 (A) | sFr 37.50 (CH)
ISBN 978-3-658-04099-4
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des neuen Buchs Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus von Springer Gabler | © Springer
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