Steuerung von Banken: Ethische Ziele müssen integriert werden
Die Finanzkrise hat Defizite im Bankensystem offen gelegt | Springer Gabler-Autor Klaus Leusmann plädiert für eine Neukonzeption der Steuerungssysteme von Banken und die Einführung eines Ethik-Ratings
Berlin | Heidelberg | Wiesbaden, 26. Februar 2014
Das öffentliche Vertrauen in Kreditinstitute ist seit der Finanzkrise beschädigt. Deshalb haben sich viele Banken einen Kulturwandel verordnet, der auf ethischen und nachhaltigen Werten aufbaut. Im Interview mit Bankmagazin und Springer für Professionals fordert Klaus Leusmann, dieses veränderte Denken auch ins Handeln zu überführen. So würden Banken ethische Ziele zwar oft in einem Code of Conduct dokumentieren, in der Regel aber nicht in ihre Steuerungssysteme integrieren. In der Konsequenz seien diese Ziele nur eingeschränkt verhaltensrelevant. In seinem jetzt bei Springer Gabler erschienenen Fachbuch "Kulturwandel bei den Banken" beschreibt der Autor konkrete Handlungsansätze für interne Kultur- und Veränderungsprozesse von Kreditinstituten auf ihrem Weg zu nachhaltigen Unternehmen. Darüber hinaus zeigt er die Vorteile eines aufsichtsrechtlich legitimierten Ethik-Ratings auf.
Gewinnmaximierung und ethische Ziele stehen im Bankensektor noch immer scheinbar im Widerspruch. Dabei sind Defizite in beiden Punkten laut Leusmann gleichermaßen existenzgefährdend: "Erreicht eine Bank keine Mindestrendite, wird ihr das Kapital entzogen. Erreicht sie keinen ethischen Mindeststandard, wird ihr die gesellschaftliche Akzeptanz aufgekündigt." Nachhaltiger Erfolg bedinge demnach beide Komponenten, und könne nicht nur auf kurzfristigen Gewinn ausgelegt sein. Der Autor fordert daher die Aufnahme der ethischen Dimension in die Steuerungssysteme der Banken, um diese von einer Denkhaltung in ein verbindliches Verhalten zu überführen. Möglichkeiten der quantitativen Messbarkeit von ethischem Verhalten gäbe es: "Man könnte den dienenden Charakter des Bankgeschäfts messen, indem man den Anteil des Kundengeschäfts an der Bilanzsumme berechnet. Je höher der Anteil ist, umso mehr dient die Bank der Realwirtschaft." Weitere denkbare Kriterien seien die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Das Vertrauen der Gesellschaft könne neben Vergütungsstrukturen auch durch den Anteil der Aktiva erfasst werden, die in Steuer- und Regulierungs-Oasen gehalten wird. Dies seien Ansätze, auf deren Basis die Entwicklung eines aussagekräftigen Ethik-Ratings realistisch sei.
Während die Banken ihre bereits vorhandenen Bemühungen um einen Kulturwandel in Richtung nachhaltigen Erfolgs noch in ihre Steuerungssystematik aufnehmen müssten, sieht Leusmann auch die Aufsichten in der Pflicht. Allein mit Regulierungen sei es nicht getan, kritisiert der Autor: "Das ist ein Hase-Igel-Spiel. Wenn sich in der Werteorientierung der Banken nichts ändert, wird die Aufsicht immer nur feststellen können, welche neuen illegitimen Geschäfte in den nächsten Novellierungen der Regelwerke zu verbieten sind. Schreibt man das ins Unendliche fort, mündet es zwangsläufig in die Planwirtschaft, die doch eigentlich ihre Unterlegenheit bewiesen hat." Sinnvoller sei eine Fokussierung auf das Setzen von Leitplanken, die die kreativen Kräfte des freien Unternehmertums zum Guten hin lenkt. Neben notwendigen Regeln zur Solvabilität, Liquidität und Transparenz hätte ein aufsichtsrechtlich legimitiertes Ethik-Rating mit entsprechender Anreiz- und Sanktionsmechanik Signalwirkung: "Die Aufsicht könnte zum Beispiel festlegen, dass bei einer Bankübernahme das Ethik-Rating der übernehmenden Bank mindestens so gut sein muss wie das des übernommenen Instituts."
Klaus Leusmann ist Führungskraft, Problemlöser und Wissensvermittler. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Kreditgewerbe, insbesondere in den Bereichen Risikosteuerung und Controlling.
Bild: Coverabbildung des neuen Fachbuchs "Kulturwandel bei den Banken" von Springer Gabler | © Springer
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