Wie funktionieren Zentralbanken?
Springer Gabler-Sachbuch befasst sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Geldpolitik
Wiesbaden, 03. November 2015
Nicht zuletzt die Ausschreitungen beim Blockupy-Protest bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt vor wenigen Monaten haben es gezeigt: Als Steuerungs- und Überwachungsinstanz für monetäre Transaktionen stehen Zentralbanken heute mehr denn je im Zentrum des öffentlichen Interesses. Beim Auftreten von Wirtschaftskrisen, Turbulenzen im Währungssystem oder „finanziellen Rettungsaktionen“ für ganze Staaten treten sie sichtbar auf den Plan. Die Frage ist: Was können und was dürfen Zentralbanken, und was nicht? Im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals erklärt Nils Herger, warum dies nicht leicht zu beantworten ist: „Zwar lässt sich festhalten, dass im Gegensatz zur Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre die aktuellen Zentralbankinterventionen einen Kollaps des Finanzsystems verhindert haben – das geldpolitische Vermächtnis der Weltwirtschaftskrise verdeutlicht jedoch auch, dass sich die Nachteile eines Wandels erst nach Jahrzehnten offenbaren können.“ Solche Erfahrungen aus der Vergangenheit legen nahe, dass uns der weitere Wandel im Zentralbankenwesen noch lange beschäftigen wird. In seinem gerade bei Springer Gabler erschienenen Sachbuch Wie funktionieren Zentralbanken? beschreibt Nils Herger das komplexe System der Geld- und Währungspolitik allgemeinverständlich und präzise.
„Dass sich die Rolle von Zentralbanken nach Krisen wandelt, ist nicht neu – Liquiditätshilfen an kriselnde Geschäftsbanken im Rahmen des „Lender of Last Resort“ wurden zum Beispiel von der Bank of England bereits im 19. Jahrhundert als Reaktion auf mehrere Bankenkrisen entwickelt“, sagt Nils Herger. Für den Autor ist es eher weniger die Frage, ob Zentralbanken angesichts der jüngsten Krisen und Kritik den Spagat meistern, neben ihrer Funktion als Währungshüter, Geldmengensteuerer und Sicherer der Finanzstabilität auch politische Entscheidungen voranzutreiben: „Eher stellt sich die umgekehrte Frage, nämlich inwiefern Politik und Gesellschaft den geldpolitischen Wandel mittragen und ob das geldpolitische Mandat angepasst werden soll.“ Dass dieser Aspekt ausgeblendet wird, sei möglicherweise eine Folge der heutigen Zentralbankunabhängigkeit. Diese sei zwar zweifellos eine große Errungenschaft, bedeute aber nicht, dass sich Zentralbanken ihr Mandat quasi selbst vorschreiben: „Grundsatzentscheide, wie ein allfälliger Rollenwandel der EZB, müssen von der Politik getroffen werden und sollten gesellschaftlich möglichst breit abgestützt sein.“
In der Tat ist es nicht immer einfach nachzuvollziehen, wie eine Zentralbank überhaupt Einfluss auf die Gesamtwirtschaft nehmen kann, so Herger weiter. Wie steuert eine Zentralbank beispielsweise die Geldmenge? Über welche Kanäle beeinflusst die Geldpolitik relevante Wirtschaftsgrößen wie die Inflation oder die Konjunkturlage? Warum ist es überhaupt von Vorteil, eine unabhängige Zentralbank zu haben? Welches sind die Vor- und Nachteile einer Gemeinschaftswährung? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt das neue Sachbuch. Insgesamt zeigt sich dabei, dass moderne Zentralbanken einen enormen Einfluss auf das Geld- und Finanzsystem haben, jedoch keine Allheilmittel gegen jegliche wirtschaftlichen Probleme bereitstellen können. Für die Zentralbanken besteht die strategisch größte Herausforderung zurzeit darin, einen guten Zeitpunkt für den Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik zu wählen, lautet das Fazit von Herger: „Erfolgt der Ausstieg zu früh, könnte dies die wirtschaftliche Erholung beeinträchtigen. Erfolgt er zu spät, droht ein Inflationsschub.“
Dr. Nils Herger ist Dozent am Studienzentrum Gerzensee – dem Forschungs- und Ausbildungszentrum der Schweizerischen Nationalbank. Seine Hauptaufgabe liegt dabei in der Organisation eines Kursprogramms für Zentralbanker, das von Teilnehmern aus aller Welt besucht wird und international einen hervorragenden Ruf genießt. Neben seiner Tätigkeit am Studienzentrum Gerzensee unterrichtet Nils Herger auch zu geldpolitischen und makroökonomischen Themen an der Universität Bern, an der er das Lizenziat in Volkswirtschaftslehre (Lic.rer.pol) erworben hat. An der Universität Exeter (England) hat er einen Master (MSc.) und ein Doktorat (Ph.D.) in Volkswirtschaftslehre abgeschlossen.
Nils Herger
Wie funktionieren Zentralbanken?
Geld- und Währungspolitik verstehen
2016, 283 S.
Softcover € 19,99 (D) | € 20,55 (A) | sFr 21.50 (CH)
ISBN 978-3-658-07875-1
Auch als eBook verfügbar
Bild: Coverabbildung des Buchs Wie funktionieren Zentralbanken? von Springer Gabler | © Springer
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